Als Mitarbeiter in einem wissenschaftlich ausgerichteten B2B-Unternehmen muss man genügsam sein. Oder vielleicht eher leidensfähig. In schöner Regelmäßigkeit muss man sich auf dem Laufenden halten, was Marktnachrichten, Produktneuheiten, Fachartikel und dergleichen angeht, und informiert sich aus diversen über das Netz verstreuten Quellen. Der Erstkontakt mit einer neuen, potenziell nützlichen Information ist dabei naturgemäß: die Überschrift. Und da fängt das Übel an.
Wer nämlich denkt, dass eine Überschrift – die man ja durchaus als den „Gatekeeper“ oder Flaschenhals eines jeden „Contents“ bezeichnen könnte – neugierig machen oder spannend oder interessant oder zumindest irgendwie verständlich sein sollte, der hat zwar Recht, irrt sich aber offenbar gewaltig.
Produkt an Zielgruppe: „Bitte kauf mich nicht“
Leider ist es nämlich in der Realität so: Überschriften, zum Beispiel für eine Produktwerbung in einem Newsletter oder auf einem Fachportal, sind im B2B in der Regel trocken wie Knäckebrot und setzen beim Lesenden schon ein Höchstmaß an Disziplin und Bereitschaft zur Mitarbeit voraus, um überhaupt in die engere Auswahl für „Könnte ich mal klicken“ zu kommen. Hier ein kleines Highlight, das ich neulich in einem unserer eigenen Newsletter entdeckt habe:
GIDSpling 4.0 – Das GIDS / WIDS / SIGIDS Analysen-Flashpiece
Mein Interesse war – wenn auch aus den falschen Gründen – geweckt, und ich fand folgende Zusatzinformation im Untertitel:
GIDSpling 4.0 ist Ihr Experte für grenzenlose Charakterisierung mikropartikeliger Substanzen in der Routine
Alle Unklarheiten beseitigt?
Natürlich wurde der Produktname in diesem Beispiel abgewandelt, es geht ja hier nicht darum, ein bestimmtes Produkt oder Unternehmen an den Pranger zu stellen. Aber Sie können mir glauben: Die echte Headline unterschied sich in ihrer Absurdität und Verständlichkeit nicht von dem, was Sie da eben mit eigenen Augen lesen durften. Korrigiere: mussten.
Ähnliche Fälle begegnen mir in unterschiedlicher Ausprägung immer wieder in verschiedenen Branchen und auf verschiedenen Websites. Im Prinzip kann man anstelle von derart uninspirierten Texten einfach „Bitte kauf mich nicht“ in die Überschriften schreiben – und ich wette mit Ihnen, man würde damit sogar deutlich bessere Klickraten erzielen.
Wie Sie mit 3 einfachen Grundregeln bessere Überschriften schreiben und Fehler vermeiden
Angeregt durch dieses und viele andere Negativbeispiele haben wir bei LUMITOS darum eine umfangreiche Auswertung von Dutzenden Newsletterausgaben mit Hunderten von beworbenen Produkten vorgenommen, um zu ermitteln, welche Faktoren tatsächlich zum Erfolg einer Überschrift beitragen. Gemessen haben wir diesen Erfolg an der Click-to-open-Rate (CTOR), also einer Kennzahl, die besagt, wie viel Prozent derjenigen Empfänger, die den Newsletter auch geöffnet haben, auf einzelne Produktlinks geklickt haben. (Der Einfachheit halber werde ich im weiteren Textverlauf „Klickrate“ statt CTOR schreiben.) Daraus haben wir drei Grundregeln abgeleitet, die es Ihnen auch ohne Expertenkenntnisse im Neuromarketing ermöglichen, einfach und schnell gute Headlines zu schreiben und die Fehler, die Sie womöglich bisher gemacht haben, zukünftig dauerhaft zu vermeiden.
Übrigens: Der größte Fehler von allen wird Sie wahrscheinlich überraschen, und Sie werden kaum glauben, welchen Unterschied in der Klickrate allein dieser eine Faktor bereits macht. Haben Sie diese Todsünde in Ihrem Online-Marketing bereits selbst begangen? Weiter unten im Text erfahren Sie es.
1. Sagen Sie, wofür man Ihr Produkt überhaupt verwendet
Dieser Punkt klingt vergleichsweise trivial. Aber immer wieder sehen wir Überschriften, die einen kapitalen Fehler haben: Sie verraten dem Leser nicht, was man mit dem Produkt überhaupt macht. Verschweigen Sie nie das Anwendungsgebiet! Denken Sie daran: Leser haben im Büro- oder Laboralltag wie auch im Privatleben nicht viel Zeit und überfliegen die Überschriften nur. Geben Sie ihnen Ankerpunkte, Begriffe mit Wiedererkennungswert, an denen ihre Augen hängenbleiben und die einen initialen „Das scheint mich zu betreffen“-Effekt auslösen können.
Beispiele für Anwendungsgebiete können sein:
- Stickstoffbestimmung
- Kunststoffanalytik
- Elektrochemie
- Chemische Synthese
- Probenvorbereitung
- Wägen
In einigen Fällen kann es auch sinnvoll sein, wenn Sie alternativ zum Anwendungsgebiet die Methode bzw. das Verfahren oder auch die Geräteklasse in die Headline schreiben, um das/die es geht, also z.B.:
- Chromatographie (bzw. HPLC / GC)
- Spektralphotometrie (bzw. Spektralphotometer)
- Massenspektrometrie (bzw. Massenspektrometer / MS)
Doch Vorsicht: Überlegen Sie gut, wen Sie mit Ihrer Produktwerbung erreichen wollen! Wenn Ihre Zielgruppe bereits mit HPLC arbeitet bzw. Ihr Produkt sich nur für HPLC-Anwender eignet, ist es sinnvoll, dieses „Trigger-Wort“ auch in die Überschrift zu schreiben. Wenn Sie aber z.B. ein Gerät für die Stickstoffbestimmung nach Dumas an Kunden verkaufen wollen, die bisher mit dem alternativen Kjeldahl-Verfahren arbeiten, ist es wenig zielführend, „Dumas“ in die Headline zu schreiben und zu erwarten, dass Kjeldahl-Anwender sich davon angesprochen fühlen. In diesem Fall sollten Sie lieber „Stickstoffbestimmung“ oder „Proteinbestimmung“ in der Überschrift verwenden.
2. Machen Sie bereits in der Überschrift klar, was ein Kunde von Ihrem Produkt hat
Jeder Mensch ist zu allererst ichbezogen. Der eigene Name ist das Wort, das jeder von uns am liebsten hört. Dementsprechend wird auch Werbung immer erst durch den Ich-Filter rezipiert. Das passiert unbewusst ganz automatisch Jeder, der mit Ihrer Produktwerbung konfrontiert wird, fragt sich: „Was hab‘ ich davon? Warum sollte es mich interessieren?“
Beantworten Sie Ihrer Zielgruppe diese Fragen! Und machen Sie es sich nicht zu leicht – die Antwort auf „Warum sollte es mich interessieren?“ ist nicht: „Weil unser Gerät innovative Kugellager hat.“ Die Antwort könnte aber sein: „Weil Sie ab sofort nicht mehr dauernd Ihre Arbeit unterbrechen müssen, wenn das Kugellager mal wieder verschlissen ist.“ Übersetzt bedeutet das nämlich: Lieber Kunde, dein persönlicher Alltag wird durch unser Produkt einfacher gemacht. Das ist der wahre Nutzen, der in technisch/naturwissenschaftlich geprägten B2B-Branchen nur selten herausgearbeitet wird, sondern sich meist hinter technischen „Features“ und „Pseudo-Vorteilen“ versteckt.
In der Praxis lässt sich der Anwendernutzen häufig in Form von Ersparnis oder Gewinn beschreiben:
- Zeitersparnis (in %, Minuten, Stunden, Tagen)
- Kostenersparnis (in %, Euro)
- weniger Wartungsaufwand
- weniger Schulungsaufwand
- mehr Probendurchsatz
- mehr Arbeitssicherheit (z.B. durch Wegfall toxischer Substanzen)
Sie wollen mehr darüber erfahren, wie Sie den wahren Anwendernutzen Ihres Produkts nach einer standardisierten Vorgehensweise herausfinden und so Ihr Online-Marketing effektiver machen können? Dann lesen Sie unseren Blogbeitrag “Feature – Advantage – Benefit: Die Formel für verkaufsstarke Produkttexte” und lernen Sie, wie Sie von technischen Eigenschaften über die daraus resultierenden Vorteile zum wahren Nutzen für den Anwender gelangen.
Ihr USP: Unique Selling Proposition oder Unglaublich Spezielle Produkteigenschaft?
An dieser Stelle noch ein Exkurs zum Umgang mit USPs, also “einzigartigen Verkaufsargumenten” bzw. Alleinstellungsmerkmalen: Wenn Ihr Produkt einen wirklichen USP hat, der es vom Wettbewerb abhebt, lohnt es sich, diesen auch in der Überschrift zu kommunizieren – und zwar idealerweise in Verbindung mit dem daraus resultierenden Anwendernutzen.
Aber Achtung: Fragen Sie sich bei USPs immer: Schön und gut, dass mein Feuchtebestimmer der einzige weltweit mit acht Nachkommastellen ist – aber sind acht Nachkommastellen auch für den Großteil meiner Zielgruppe wichtig (die zu 60 % in der industriellen Produktentwicklung tätig ist) oder nur für die 0,5 % der Anwender, die zum Thema „Restfeuchte westkubanischer Zigarren nach mehrjähriger Lagerung in pharmakopöe-konformen Titan-Humidoren gemäß DIN 99718“ promovieren?
Anders ausgedrückt: Bedeutet der USP, auf den Sie so stolz sind, einen „massentauglichen“ Anwendernutzen, mit dem Sie einen Großteil Ihrer Wunschkunden überzeugen können, oder ist er bloß eine technische Spielerei, die nur für kleinste Anwendungsnischen von Bedeutung ist?
3. Der Name Ihres Produkts hat in der Überschrift nichts zu suchen!
Das ist sie, die weiter oben angekündigte Todsünde. Keine Eigennamen in die Überschriften schreiben! Hand aufs Herz: Haben Sie sie in Ihrer bisherigen Online-Marketing-Karriere begangen oder sind Sie frei von Schuld? Nichts hat sich in unserer Newsletter-Analyse verheerender auf die durchschnittlichen Klickraten (CTOR) ausgewirkt als die Nennung von völlig irrelevanten, unbekannten und unattraktiven Eigennamen. Unsere Auswertung ergab:
Newsletter-Überschriften, die keinen Produktnamen enthielten, erzielten im Durchschnitt 46 % höhere Klickraten als solche, in denen der Produktname genannt wurde. Das gilt übrigens auch für Marken- und Firmennamen. Wenn Sie also 146 Besucher für Ihre auf einem B2B-Fachportal geschaltete Produktwerbung gewinnen könnten, würden Sie sich dann mit 100 zufriedengeben? Nein? Dann nennen Sie keine Eigennamen in der Überschrift! Auch wenn Sie unternehmensintern wochenlange Brainstormings, Abstimmungen und Krisensitzungen durchlitten haben, bis Sie endlich den perfekten Namen (oder auch nur einen Kompromiss) gefunden haben und diesen stolz in die Welt hinausrufen wollen – die Wahrscheinlichkeit, dass er für irgendeinen Ihrer potenziellen Kunden eine kaufentscheidende Rolle spielt, geht gegen Null. Sie haben in einer Headline nur begrenzt Platz. Auf den Fachportalen von LUMITOS sind es 100 Zeichen. Nutzen Sie diese sinnvoll aus.
Fazit und Bonus-Tipps
Das sind also die drei Grundregeln für die perfekte Produktüberschrift in B2B-Newslettern und auf Fachportalen: Sagen Sie Ihrer Zielgruppe, wofür man Ihr Produkt verwendet und warum es sie interessieren sollte – und nennen Sie keine Eigennamen.
Eigentlich simpel, oder? Wenn Sie noch einen draufsetzen und sich auch sprachlich von Ihren Mitbewerbern abheben wollen, versuchen Sie es ruhig mit einem unserer Bonus-Tipps für mehr Kreativität:
- Direktansprache
Sprechen Sie den Empfänger Ihrer Werbebotschaft zur Abwechslung doch mal direkt an – also durch Verwendung der Personalpronomen „Sie“ oder „Ihr(e)“. Stichwort „Ich-Bezogenheit“ – Sie erinnern sich? - Ziffern
Lässt sich der Anwendernutzen in einer Zahl ausdrücken (z.B. 30 % Kostenersparnis)? Dann schreiben Sie diese ruhig in die Headline – und zwar als Ziffer, auch dann, wenn sie kleiner als 13 ist. Überschriften mit Ziffern heben sich optisch von reinen Textüberschriften ab. - Redewendungen/Sprachwitz
Sie sind kreativ und können gut mit Worten umgehen? Dann versuchen Sie doch mal, eine bekannte Redewendung in eine pfiffige Headline umzuwandeln, die zugleich Anwendung und Nutzen kommuniziert. Leser honorieren es, wenn Sie sie zum Schmunzeln bringen oder zumindest zeigen, dass Sie sich mehr Gedanken gemacht haben als Ihre Mitbewerber.
Abschließend kann ich Ihnen noch eines mitgeben: Betrachten Sie Ihre Texte und Überschriften am besten immer durch die Brille des Kunden bzw. Anwenders. Wenn Sie das nächste Mal eine Überschrift sehen, die Sie in einem ansonsten todlangweiligen Umfeld irgendwie anders, d. h., besser anspricht und so Ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht: Erinnern Sie sich daran, dass Sie es selbst in der Hand haben, Ihrer Zielgruppe denselben positiven Aha-Effekt zu verschaffen.